Hoteliersfamilie klagt mit anderen gegen die EU
Grundrechte auf Leben und Gesundheit
Bei den Klägern verursache der Klimawandel bereits Schäden vor Ort, und diese würden in Zukunft noch stärker. Bei der Klage gehe es um "die Grundrechte auf Leben und Gesundheit, auf das Wohl der Kinder sowie auf Eigentum und Berufsfreiheit". Die Kläger seien besonders bedroht von den Folgen des Klimawandels – etwa durch Wassermangel, Überschwemmungen, Rückzug von Eis und Schnee, Dürre und Hitzewellen. Christoph Bals, Geschäftsführer der ebenfalls unterstützenden Organisation Germanwatch, ergänzt: "Die klagenden Familien fügen sich nicht einfach in eine Opferrolle, sondern verlangen von der EU den Schutz ihrer Rechte."
Vertreten werden die Familien nicht alleine durch Professor Winter aus Bremen, sondern auch durch die Umweltanwältin Roda Verheyen aus Hamburg und den Londoner Rechtsanwalt Hugo Leith. "Die Gerichte der Union sind aufgerufen, deutlich zu machen, dass Klimaschutz nicht nur politische, sondern auch rechtliche Verpflichtung ist", erklärt Winter.
In 30 Jahren ernsthafte Probleme
Akut sei Langeoog zwar noch nicht bedroht, räumt Recktenwald im Gespräch ein. Doch das sei nicht das Thema, alle Kläger agierten im Namen ihrer Kinder. "Wenn der Meeresspiegel deutlich steigt, bekommt mein Sohn in 30 Jahren hier ernsthafte Probleme", ist der Familienvater überzeugt. Eine Klage zu führen, um Vorsorge zu treffen vor etwas, was erst in Zukunft droht, ist juristisch nicht leicht. Aber die Kläger hoffen, dass auch das Gericht nicht vorbeikommen wird an den zunehmenden Anzeichen für den Klimawandel. In den vergangenen Tagen war es auch auf Langeoog heiß, 30 Grad, das ist selten hier. Extrem trocken war der Sommer zudem, seit Anbeginn.
Bislang ist Langeoog allerdings noch das kleine Paradies geblieben, das es immer war. Selbst in diesem Trockensommer gibt es genug Trinkwasser, das aus einer Süsswasserlinse unter der Insel stammt. Eine Wasserleitung zum Festland gibt es nicht. Kritischer als die Trockenheit wäre eine Sturmflut, die Meerwasser ins Süsswasser drücken könnte. Um das zu verhindern, wird vor dem Pirolatal auf der Insel immer wieder Sand aufgespült. Ein steigender Meeresspiegel könnte somit das Trinkwasser ernsthaft gefährden. "Wir nehmen den Klimawandel besonders wahr, weil wir in und mit der Natur leben", wird Maike Recktenwald von Germanwatch zitiert.
Bislang sind es meist Luxusprobleme, die die Insel einholen. Die dritte der ostfriesischen Inseln von Osten gezählt, ist wie einige andere in Friesland autofrei. Sie ist klein und beschaulich, nur die Rettungsdienste haben ein paar wenige Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Die Belieferung der Läden und der Gastronomie erfolgt mit Elektroautos – und das schon, seitdem die Pferdekutschen abgeschafft wurden.
Vor einigen Wochen haben Touristen Rettungsfahrzeuge blockiert und mit ablehnenden Sprüchen beklebt – ihres Verbrennungsmotors wegen. Sie taten so, als sei der Krankenwagen auf Langeoog das grosse Umweltproblem. Noch immer hängt an einer Strasse ein Bettlaken und bekundet Solidarität: "Danke an alle Retter!! Schön, dass es Euch gibt (auch mit Diesel und Benzin)".